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Am toten Ende der Leitung

Die Ulmer Förderpreisträgerin Iris Keller zeigt im Roxy ihr Objekttheater-Stück „Durch die Nacht“

erschienen am 02.03.2018 von Paolo Percoco bei Augsburger Allgemeine

Was macht Steve? Wer ist Eve? Woher kommen die Mandarinen und der Alkohol, wieso ruft niemand an und was passiert am Ende der Welt? Der absolute Wahnsinn gastiert für einen Abend im Roxy, leider mit etwa 50 Gästen nur mäßig besucht. Iris Keller – 1988 in Ulm geboren, 2015 Abschluss im Fach Figurentheater an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK) Stuttgart und 2017 Preisträgerin des Förderpreises Junge Ulmer Kunst in der Kategorie „Darstellende Kunst“ – verwischt die Grenzen von Realität und Fantasie. Ihre fantastische Inszenierung „Durch die Nacht mit – Objekttheater vom Ende der Welt“ schreibt den Zuschauern ein riesiges, leuchtendes Fragezeichen ins Gesicht.

Das Ein-Mann/Frau-Stück spielt in einem dunkel abgeranzten Radiostudio, in dem Nachttalker Steve seine Nächte verbringt. Plattenspieler, CD-Player, Mischpult, Mikro, Kopfhörer, Kippen, Bier und ein Turm aus alten Tapedecks bestimmen das Bühnenbild von Coline Petit. Sie wirken wie Relikte aus längst vergangener Zeit. Seine Show ist (oder war) Kult, die Anrufen rissen sich darum, mit ihm über ihre Probleme zu sprechen, „... denn jeder will mit Steve talken. Zwölf bis vier“. Doch in dieser Nacht ist alles anders. Niemand ruft an. Die Platten knistern wie Lagerfeuer, die Tapes rauschen wie das Meer, die CDs sind klar, die Musikstücke wabern durch die Jahrzehnte. Und seine Stimme dazwischen. Die keiner hört. „Ich hab kein Fenster im Studio. Erzählt mir von draußen, bringt mir das Licht.“

Die Dinge im Radiostudio beginnen sich zu verselbstständigen. Steve begegnet in der zunehmend klaustrophobischen Enge den Dämonen seiner Vergangenheit, seine Panik wächst. Man ist alsbald vollends im Bann dieses Stückes gefangen, das zunehmend absurder wird, surreal und völlig durchgeknallt. Wie ein Drogenrausch, fantastisch und beängstigend zugleich. „Immer noch Hausnummer 67. Die Straße hinten links in deinem Kopf.“ Das Ende ist der Anfang, ist das Ende, Geburt ist Tod, und umgekehrt. Grandios die 29-jährige Schauspielerin Hanna Malhas, wie Keller Absolventin der HMDK, die das einstündige Werk komplett zu tragen vermag.

Der Applaus hält an, das Stück wirkt nach, die Fragezeichen gehen mit nach Hause und tauchen im Traum wieder auf. Schade, dass man so ein Stück in Ulm nur einmal zu sehen bekommt.

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