Anne-Kathrin Klatts „Glamour Phoenix – Fashion and War“ ist im Fitz uraufgeführt worden.
erschienen am 16.02.2019 von Petra Mostbacher-Dix bei StZN
Sie trägt es wie eine schwere Krone: Ein weißes Gehirn umkränzt den Kopf des Models, der unter einem schwarzen Strumpf steckt. Auf High Heels wankt die Frau daher, in leichenweißem Kleid samt rotem Accessoire um den Hals, das an blutige Innereien erinnert, bis sie von der Salve eines Maschinengewehrs niedergestreckt wird. „Nein!“, befindet jetzt der Modemacher Alex mit wichtigtuerischer Geste. „Du, wie auch immer du heißt, musst beim Fallen den Ring hochhalten, der Designer hat sich was gedacht, was auch immer.“
Willkommen auf dem Laufsteg für Selbstinszenierungen des Figurentheaters Anne-Kathrin Klatt: Im Fitz wurde „Glamour Phoenix – Fashion & War“ uraufgeführt. In der Koproduktion mit dem Kunstmuseum zur Ausstellung „Kunst und Ekstase“ untersucht die Figurenspielerin und Choreografin als Mannequin das Zusammenspiel von Mode, Körper und Krieg. Der Fashion Run, der anfänglich recht harmlos mit Perückenwechsel und Posing à la Püppchen hinter transparenter Plane beginnt, rhythmisiert von Alex (schön überkandidelt: der Regisseur Michael Miensopust), endet im kampfähnlichen Irrsinn des Mode- und Schönheitsdiktats. Dort geht alles, was scheinbar neu ist, auffällt und Kapital mehrt. Tod in Kriegsgebieten? Hauptsache schockieren. Billignäherinnen in Bangladesch? Ignorieren. Da wird – zu Christian Dähns treibenden Beats und Doris Schopfs Lichtinszenierung – eine Militärjacke zum Rock, der Oliv-Helm zum Accessoire für den täglichen Nahkampf der Eitelkeiten, Skelette zur Stola und Tasche. Alex schreit das Modell (Anne-Kathrin Klatt in Bestform) in Liegestützen hinein.
Die surreale Szenerie des Untragbaren, Übertriebenen, scheinbar Unzusammenhängenden – inspiriert vom verstorbenen Alexander McQueen, der Verletzung und Verfall in seiner Mode zelebrierte, aber auch von Michael Yorks Kulturgeschichte der Selbstinszenierungen „Zu Besuch bei Diktatoren“ – zeugt von den Zeichen dieser disruptiven Zeiten. Dabei sind die irren Kostüme auch Kunstwerke, wie resistente Lebewesen aus einer anderen Welt, gestaltet von Justyna Koeke.