Vor der Premiere von „Horror Vacui“ musste das Fitz die „Imaginale“ absagen
erschienen am 18.12.2021 von Arnim Bauer bei LKZ
Zur letzten Premiere eines turbulenten Jahres präsentierte das Fitz, das Theater animierter Formen, die Performerinnen Gerda Knoche und Helga Lázár, die mit dem Musiker David Schuckert ihre Arbeit „Horror Vacui“ vorstellten.
Zuvor jedoch musste das Fitz zusammen mit den anderen Veranstaltern in Heilbronn, Mannheim, Eppingen, Schorndorf und Ludwigsburg die für Februar 2022 geplante achte Auflage des internationalen Theaterfestivals animierter Formen absagen. Die aktuelle epidemiologische Entwicklung erschwert nicht nur das Reisen für die internationalen Ensembles, die aus Deutschland, Frankreich, Israel, El Salvador, Dänemark, Belgien, der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, Spanien, Norwegen und Großbritannien eingeladen waren, sondern sie stellt auch die einzelnen Veranstaltungshäuser vor große finanzielle und organisatorische Herausforderungen.
Um ein Jahr verschoben
Deshalb hat sich der Veranstalterverbund schweren Herzens dazu entschieden, das Festival um ein Jahr zu verschieben und möglichst mit denselben Theatern dann im Februar 2023 zu zeigen. Fitz-Chefin Katja Spiess: „Von allen unschönen Lösungen war das noch die gangbarste.“
Immerhin, der planmäßige Spielbetrieb kann bis jetzt weitergehen. Und so konnten dann auch die drei Performer sich auf die Suche machen nach der Selbstliebe und wie sie funktioniert. „Horror Vacui“ haben sie das Stück betitelt und greifen dabei auf einen Begriff zurück, der übersetzt „Schrecken vor der Leere“ bedeutet. Wir finden ihn unter anderem in der Philosophie, wo er den Scholastikern zur Begründung ihres Naturbegriffs dient, er schildert aber auch im Alltagsleben den Drang, die Leere, ob nun materiell oder ideell, auszufüllen, wo immer sie auftritt. Und nicht zuletzt haben immer wieder diverse Künstler diesen Begriff verwendet, nicht zuletzt auch Rosa von Praunheim für einen Film mit Lotti Huber.
Für die drei im Fitz geht es also um die Liebe zu sich selbst. Eine „Love-Yourself-Challenge“ nennen sie die Vorstellung auch, eine „holistische Masturbation“ mit Gucci, Milka, Sexy Toys und dem neuesten Buch des Dalai Lama. Und so unterschiedlich gehen sie das Thema denn auch an. Mal eher abstrakt, dann wieder sehr konkret in den Bildern, mal eher aus der körperlichen Sicht, dann aus der psychischen oder der seelischen Warte heraus. Leere mit Liebe füllen, eine diffizile Versuchsanordnung, ein Spiel mit Symbolen und Gedanken, die dem Zuschauer auch Freiräume lassen zur eigenen Betrachtung.
Dildo-Ballett auf der Bühne
Ob sich nun eine Figur an Fitnessgeräten müht, sich in wilder Akrobatik übt oder ein kleines Dildo-Ballett über die Bühne tanzt, ob nun über die Kopfhörer, die die Zuschauer tragen können, dazu Musik und Geräusche das Stimmungsbarometer bewegen, es ist ein unterhaltsames Suchen, das die Zuschauer auch zunächst öfters eher ratlos dreinblicken lässt. Nicht jede Szene ist direkt und unmittelbar deutlich interpretierbar. So bleiben bewusst Fragen offen, trotz oder gar wegen des abwechslungsreichen Geschehens auf der Bühne. Dabei aber ist die Angst vor der Leere dieses Abends völlig unbegründet. Wer diese Performance verfolgt, muss keine Leere verspüren.