Unterhaltsam, auf clevere und skurrile Weise: Marius Alsleben zeigt im Fitz „D.D. Rabbit“ –eine autobiografische Konzertperformance.
erschienen am 11.03.2022 von Thomas Morawitzky bei StZN
Das Weizenbierglas, das er in seiner Hand hält, ganz zu Beginn des Abends, steht später auf einem kleinen Tischchen vor ihm, bodennah. Es leuchtet, dieses Tischchen, es strahlt offensichtlich Wärme aus, denn das Glas dort schmilzt, sinkt zur Seite, fällt. Mit Weizenbiergläsern prosteten er und sein Vater sich zu, im Biergarten, eine Erinnerung.
Marius Alsleben steht in einem Kreis aus Musikinstrumenten, Effektgeräten, auf der Bühne des Figurentheaters Stuttgart. Im Hintergrund lehnt ein Fahrrad – sein Vater, dies erfährt man bald, war ein begeisterter Fahrradfahrer. Alsleben wird das Fahrrad auf einen Rollentrainer heben, dort selbst in die Pedale treten, wird auf der Bühne umherfahren. Dann spielt er auf der Gitarre, trägt Lieder vor, fragend, humorvoll, spielt elektronische Beats und Klangflächen, loopt die eigene Stimme, verfremdet sie, und schlüpft in Hasenkostüme.
Was geschah mit dem Vater?
„Rabbit D.D.“, die Performance im Konzertformat, mit der Marius Alsleben am Donnerstagabend im Fitz Premiere gefeiert hat, will eine Befragung der „zwischenmännlichen Beziehung“ von Vater und Sohn sein. Dem Hasen kommt dabei eine doppelte Bedeutung zu: Mal kommt er als piepsig rosanes Stofftier daher, als Hasenkostüm, das Marius Alsleben erst zuletzt überstreift, mal taucht er als Maske eines ausgewachsenen, groben Tieres auf, die Alsleben früh schon aufsetzt, mit der er sich auf einer leuchtenden Plattform, eingeschlossen zwischen zwei Wänden, animalisch bewegt und mit rauer Stimme spricht.
Zuletzt erfahren die Zuschauer: Es gab drei Schallplatten, die der Vater liebte, sämtlich von den Rolling Stones. „Miss you“, das Stück, das Mick Jagger 1978 sang, singt nun der Sohn, er hat den Text geändert. Was mit dem Vater geschah, das erfährt man niemals genau – dass er vermisst wird, das steht zuletzt klar im Raum. „Rabbit D.D.“ umkreist diese Leerstelle eine Stunde lang, lässt Kindheit, Jugend, Erwachsenenleben, Naivität und Erfahrung spielerisch einander überlappen und unterhält, auf clevere, skurrile Weise, bis zuletzt.